Frauen und Angeln

„Frauen soll das angeln näher gebracht werden!“ So oder so ähnlich lautet die Zielsetzung der diesjährigen Messe Aquafisch am Bodensee. Eigens dafür engagiert man Claudia Darga, die als Botschafterin fungieren soll.

Es wäre gelogen, wenn es ich nicht zugeben würde, dass es mich in den Fingern kribbelte, als ich die Strategie durch mein Großhirn filterte.

Wenn die männlichen Funktionäre von Verbänden sich Gedanken machen darüber, „was Frauen wollen“, kann nicht wirklich viel Gutes dabei rauskommen.

Vor 3 Jahren hatte ich mich schon einmal zu einem Angelkurs für „Ladies“ angemeldet. Die Organisatoren und Instruktoren: Alle männlich! Am Ende hielt ich einen Prosecco in der Hand, eine pinkfarbene Rute, eine knallpinke Tasche mit der Aufschrift „ I love fish“ und mein Ohr blutete schon leicht, von den „Guides“ die mir erzählten welche Riesenfische sie schon gefangen haben in ihrem Leben. Einen Fisch fing keine der Frauen- und das in einem besetzten Forellensee!

Und jetzt? Jetzt wollen die männlichen Chefs und Geschäftsführer der Angelszene also „Frauen an die Angel bringen“. Oder besser gesagt Caudia Darga soll das nun erledigen.

Nur mal so als Überlegung liebe Männer:

Glaubt ihr wirklich wir Frauen kommen wegen einer attraktiven Anglerin auf die Aquafish oder identifizieren uns mit ihr, wenn wir sie in der Zeitung sehen?

Angeln ist nun einmal männerdominiert! In einer ähnlichen Quote wie Ballett frauendoimiert ist.

Mein Sohn entschloss sich im Alter von vier Jahren, dass er gerne Ballett machen möchte. Ich erinnerte mich daran, wie ich als 4jährige in den Fussballverein wollte und mir meine Mutter es ausgeredet hatte „weil das nur was für Jungs sei!“. Selbstverständlich stimmte ich zu.

Die Ballettlehrerinnen breiteten den roten Teppich aus. Jede Umdrehung – egal wie schief- wurde mit Beifall honoriert. Die Mädchen knuddelten ihn und überhäuften ihn mit Süßigkeiten.

Als er fünf Jahre alt war, hörte er schlagartig auf beim Ballett.

Sein Kumpel hatte ihn gefragt, ob er „auch ein Tütü tragen würde beim Ballett“!

Als ich meinen Freundinnen damals erzählte, dass ich den Angelschein gemacht habe, kam fast immer dieselbe Reaktion: Zuerst ein 2-Sekundenlanger Gesichtsabsturz, gefolgt von den Satz „Tötest du auch die Fische?“.

Was ich damit sagen möchte ist ganz einfach: Auch wenn fast jede Telenova im Fernsehen mittlerweile ein homosexuelles Päärchen hat, sind wir noch lange nicht von Klischees befreit was in der heutigen Welt normal ist.

Doch wie ändert man ein Klischee?

Indem man Bruce Willis bei den Internationalen Ballettmeisterschaften ins Foyer stellt um Männer an die Ballettstange zu bringen? Mal im Ernst- würde euch das überzeugen?

Meiner Meinung so wenig, als dass eine Teamanglerin die überwiegend männliche Kundschaft davon überzeugen wird, ihr Frauen die während sie auf der Messe sind, Wellness im betreiben, an die Angel zu bringen!

Und liebe Männer!! Kommt bloß nicht auf die Idee eure Frauen im Anschluss mit der Aussage überreden zu wollen „Schau mal ich habe ein Foto gemacht mit dieser bildhübschen Claudia Darga im Arm! Die ist der Meinung dass auch du angeln kannst!“.

Sowas kommt überhaupt nicht gut an!

Was ich damit sagen möchte: Und….. wenn wir die Welt von Klischees befreien wollen, müssen wir bei uns selbst anfangen. Wenn wir Klischees ändern wollen, müssen wir zuerst ihren Ursprung verstehen.

Und der Ursprung sind Fakten die Klischees gegründet haben. Frauen haben schon allein wegen ihrer körperlichen Statur eher ein Affinität zum sammeln, als zum jagen (oder fischen).

Wir sind dafür gemacht Dinge zu suchen, zu finden und zu horten. Genau das ist der Grund, warum wir uns über jedes Paar Schuhe freuen- obwohl wir schon 20 Paar im Schrank stehen haben! Der Grund warum wir shoppen gehen. Wir gehen unserem Urtrieb nach- wir sammeln!

Und wir sehen auch (fast) alles. Die Butter im vollen Kühlschrank, das Lieblingsschampoo in einem Regal mit 95 verschiedenen Flaschen und die richtigen Spaghetti in einem fünf Meter-langen Nudelregal im Supermarkt! Und wir sehen auch die attraktive Frau auf der Aqua-Fisch, die angelt und die uns unter Druck setzt zu angeln, weil unser Liebster sie genau deswegen anschwärmt.

Die Aqua-Fisch ist vielleicht ein Ort der diese Sehnsucht der Frauen zu angeln wecken kann. Doch dafür muss ich die Frauen erst einmal dazu bewegen auf die Messe (mit) zu gehen. Und solange ich 11 Euro Eintritt bezahlen muss als Nichtanglerin – bleibe ich da lieber im Hotel und gönne mir einen oder zwei Detox-Smoothies. Auch wenn das Zeug widerlich schmeckt. In dem Magazin stand nämlich es soll gesund sein.

Angeln – das heißt für Frauen genau sechs Dinge:

1.) Ruhig sein. Und das wo wir doch das kommunikationsfreudigste Geschöpf dieser Welt sind.

2.) Draußen zu Frieren. Und das wo wir ohnehin immer kalte Hände und Füße haben.

3.) Eventuell ein Tier töten zu müssen. Und das wo die Hälfte unserer Freundinnen Vegetarier sind.

4.) Sich optisch zu entstellen. Oder genauer: Sich in tarnfarbener, wasser- und winddichter Angelkleidung und potthässlichen Gummistiefeln optisch völlig zu entstellen und am Ende vielleicht sogar nach Fisch zu riechen.

5.) Hinter einen Busch zu pinkeln und dabei hoffen, dass einem keine Zecke den Hintern hochkrabbelt. Im Stehen, am Baum klappt das leider nicht so gut bei uns.

6.) Nicht ausschlafen zu können, wo man bis nachts um 2 Uhr einen Liebes-Roman gelesen hat, weil man noch unbedingt wissen wollte ob sich der untreue, böse, wunderhübsche Millionär im Buch nun tatsächlich in die durchschnittliche Protagonistin verliebt und plötzlich ein guter Mensch wird.

Wer Frauen zum angeln bringen will, muss genau diese Probleme lösen. Bringen wir die Sache auf den Punkt:

Frauen die gerne reden, sollen auch am Wasser reden dürfen! Und wer glaubt, deswegen beißen die Fische nicht, der soll mit seiner Liebsten spinnfischen gehen. Spätestens nach 3 Kilometer Laufstrecke am Rhein, reden auch wir Frauen weniger.

Wir Frauen fühlen uns, wenn es uns kalt ist, mindestens so schlecht wie ihr Männer wenn ihr mit einem grippalen Infekt im Bett liegt!

Stattet uns aus! Mit Tee, warmen Decken, elektrischen Taschenwärmern, gefütterten Gummistiefeln und viel Liebe.

Lasst uns nicht mehr als mit einem Haken angeln, damit die Wahrscheinlichkeit, dass wir einen Fisch versehentlich noch woanders haken als am Maul, deutlich sinkt.

Wenn man einen Fisch mit einem Tuch festhält, kann man ihn schneller betäuben und töten. Und das ist uns Frauen vielleicht wichtiger als den Männern. Warum wohl gibt es so wenige Metzgerinnen auf der Welt?

Ansonsten hilft uns bei Abhaken des Fisches im Wasser.

Lasst uns nach dem Angeln ein Bad ein, damit wir uns wieder gesellschaftsfähig fühlen.

Geht mit uns Frauen, erst einmal an einen gut besetzten Forellensee! Und bitte: Freut euch wenn wir den größeren Fisch fangen! Seid für uns der Angelfreund den ich euch selbst wünscht! Auch wenn euer männliches Ego etwas anderes möchte.

Ihr Männer seid für uns Frauen die Helden am Wasser! Weil ihr da draußen stärker seid, nicht so schnell friert und weil ihr euch nachts allein am Wasser aufhalten könnt, ohne dass ihr Angst haben müsst, dass ein Triebtäter kommt, euch zu Boden reißt und vergewaltigt. Weil ihr in der Lage seid uns mit Essen zu versorgen. Genau um diesen Urtrieb geht es beim angeln. Wir wissen das. Ihr müsst es uns Frauen nicht durch eure Fanggalerie beweisen. Wir brauchen das so wenig als wie ihr entscheiden möchtet ob die zinoberroten, kirschroten, dunkelroten oder orangeroten Schuhe besser zu unserem Kleid passen.

Zeigt uns was ihr könnt. Nehmt Rücksicht auf unsere naturgegebenen Nachteile. Macht keinen Wettkampf daraus. Überredet uns nicht zum angeln. Weckt die Sehnsucht nach dem Wasser und der Natur in uns! Dann werden auch wir mit angeln gehen.[:]

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