Sonntag, Showtime und Schnakenjagd

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Sonntagabend 18 Uhr….29 Grad Celcius am Oberrhein….die Sonne brennt….die Frisur sitzt wie immer miserabel.

Kein Mensch hat Zeit mit mir angeln gehen….alle sind beschäftigt.

Die einzige >Nicht-Absage< bekomme ich von Andreas:

„Devid“

Was er damit meint??

Vermutlich, dachte ich, hat er sich verschrieben und meinte „geht nicht“ oder das badische „Gehd ned“…also auch ne Absage 🙁

Seit meinem Rapfen am Samstag, war ich das Wochenende wieder hoch motiviert. So motiviert, wie ich es immer bin, wenn ich gerade einen Fisch gefangen habe…. weil ich dann für mindestens 14 Tage daran glaube, beim nächsten Mal liefe es wieder so gut.

Voller Enthusiasmus und Tatendrang packte ich also meine Sachen und zog allein mit Rute und Kescher los an den Rhein bei Leopoldshafen.

Allein war ich nicht lange….ungefähr 85 Spaziergänger, 10 Wohnwägen und 15 Angler teilten sich mit mir den Rhein.

Kommunikationsfreude wurde groß geschrieben:

„ Eeeehhhhhyyy…..da gibt’s kein Fisch“ und „Eeeehy….guck mal die angelt !“ ( Die Angler)

„ Und schon was gefangen?“ ( Die Spaziergänger)

„ Vorsicht, da hinten steht mein Grill!“ (Die Wohnwagenbesitzer)

Ich suchte mir also nach kurzer Zeit ein Plätzchen zwischen den Buhnen abseits, als ich plötzlich am Ufer mit Kescher und Rute, beinahe über 2 Nackedeis am Rheinufer stolperte und damit mehr sah als ich sehen wollte…

Schließlich landete ich an der Rheinmündung bei Leopoldshafen und sammelte erst mal Schnüre und Bierdosen einiger Angler (?) ein, die bereits das Weite gesucht hatten.

Mutterseelenallein hatte ich die Rheinmündung ganz allein für mich….Ganz allein…., wären da nicht die 4 Herren von der andern Uferseite gewesen.

Diese saßen mit Ansitzangeln und Bier am Ufer und blickten von nun an nimmer in den Rhein….sondern zu mir.

Showtime!

Sandra wirft aus….. Der Köder wird von 4 Augen verfolgt, wie ein Tennisball im Finale eines Wimbeldon-Turniers.

Sandra will sich nicht blamieren und holt diesmal richtig aus……und der Köder landet im Baum hinter ihr.

8 Augen blicken gespannt auf den Baum.

Kriegt sie ihn runter….wird der Wobbler sie möglichweise beim runterholen womöglich  lebensgefährlich verletzen?

Nein- sie schafft es! Der Wobbler wird galant vom Ast befreit und ist wieder einsatzbereit.

Drüben: Noch ein Schluck Bier.

Es platscht. Die Rute ist krumm! Ein Fisch?

Dann verfolgen 8 Augen wie der Wobbler einen Ast gehakt hat.

Vielleicht sollte ich den Trick von Gunther anwenden… der einen Ast vermutlich so elegant abgehakt hätte, dass die Herren meinen könnten es wäre ein Hecht gewesen ???

Blöd nur wenn der Haken so tief im Ast hängt, dass er nur mit der Zange rausgeht….

Nächster Auswurf…. ich gehe 3 Meter nach rechts….kein Baum hinter mir!

Ich hole aus und versuche mal wieder das peitschende Geräusch hinzubekommen wie es so viele Angler können. Nur bei mir funktioniert es mal wieder nicht.

Volle Kraft hole ich aus….

Bämm…. der Köder klatscht hinter mir gegen die Stange eines Schildes vom Motorsportclub und wickelt sich geschätzt 12 mal drumherum.

Meine Zuschauer machen sich bereits das nächste Bier auf und verschlafen um ein Haar den Anhieb an einer ihrer Ansitzruten.

Hinter mir ein Fußgänger mit Hund:

„ Fräulein…so wird das aber nichts mit dem angeln…!“

Plötzlich werde ich unverhofft von einem Schwarm Stechmücken überfallen!

Was tun?Köder durchziehen oder die Schnake töten die mir gerade 1/10 Milliliter Blut entwendet hat????

Ich entscheide mich 20 mal für ersteres….das 21. Mal drehe ich durch, werfe die Rute ins Gras und versuche den Schwarm mit meinen bloßen Händen zu erledigen was ungefähr genauso erfolgreich ist wie an solchen Tagen einen Fisch an die Rute zu bekommen.

Die Ansitzangler haben mittlerweile die Ruten abgebaut, sitzen aber noch immer mit Bier auf den Stühlen und schauen sich das Spektakel von der andern Uferseite aus an.

Ich beschließe weiterzuziehen an einen völlig andern Rheinabschnitt.

Als ich dort die Buhnen entlang laufe, erwartet mich überraschenderweise ein leeres Rheinufer.

Kein Rauben, kein Fisch….nichts….außer Stechmücken.

Plötzlich taucht ein Angler mit Gummifisch und Riesenkescher neben mir auf.

Mist! Konkurrenz!- mein Gedanke.

Das Gesicht, die Hände und die Kniekehlen verstochen….fehlt jetzt nur noch, dass der Kerl neben (!!!) mir einen Fisch rauszieht.

Da böse Gucken nicht meine Spezialität ist, versuche ich mich darin ihn zu ignorieren.

Wenn Männer alleine angeln und eine Frau alleine beim angeln sehen, gibt es meistens nur 2 Optionen ihre Charaktere zu beschreiben:

Typ 1 Plaudert kurz oder sagt nichts….gibt aber fast immer n´ brauchbaren Tipp

Typ 2 Hört nicht mehr auf zu reden und präsentiert mir verbal oder in Bildern und Armlängen die komplette Fanggalerie der letzten 20 Jahre.

Nach 5 Minuten Ignorieren verschwindet der Angler – wortlos. Schade….war wohl Typ 1.

Nach dem Schneiderabend erfahre ich auch was „Devid“ bedeutet.

„ Devid ist ein Name. Er angelt manchmal mit mir“, so Angelfreund Holger. Der wollte gestern Abend an den Rhein. Ist so ein schlanker Typ mit Mütze und riesigem Kescher, der angelt meistens mit Gummifischen…..den kennst du aber nicht…“

Hmmmmm……

Was lernen wir aus diesem Mist?

Dass Devid kein Rechtschreibfehler und ungestörtes Schönwetterangeln am Sonntag bei der Rheinfähre nicht möglich ist.

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