Think Big

Es geschah letzten Donnerstag- morgens um 6 Uhr. Während der Rest der Familie noch schlief, stand ich bereits seit geraumer Zeit am Rhein und fischte mit der Spinnrute die Buhnen ab. Ich und cirka 6 Kormorane.

Ein Rapfen verfolgte mein Stickbait bis zum Ufer, dreht schlagartig 20 cm vor meinen Füßen um und verschwand in den Wellen des Rheins.

Um knapp 7 Uhr tauchte schließlich der zweite kapitale Rapfen auf, stubste meinen Köder an und  verschwand kurz vorm Ufer auf Nimmerwiedersehn.

Kurz vor 10 Uhr und kurz vor einer Sehnenscheidenentzündung interessierte sich schließlich noch ein drittes Exemplar für meinen Gummifisch. Der Rapfen verfolgte den Köder in etwa derselben Geschwindigkeit wie mein Adrenalin ins Blut schoss. Kurz vorm Uferende drehte er schließlich eine Piourette und machte kehrt.

Ein Schneider-Tag wäre schlimm genug gewesen.

Aber an solchen Tagen hilft nur eines: Shopping!

Mittlerweile kennt man mich beim M&R Tackleshop in Karlsruhe schon persönlich- Hm….woran das wohl liegt?

„Na was machen die Raubfische?“ tönt es hinter der Kasse hervor.

3 Angler blicken mich gespannt an.

Ich überlege einen Moment ob ich von meinem Hecht vor 6 Wochen erzählen soll…doch die Ehrlichkeit siegt.

Als ich betrübt berichte wie ich um 4 Uhr aufgestanden bin damit am Ende 3 Rapfen vor meinen Füßen umgedreht haben, schauen mich 6 Augen mitleidig an als hätte man bei mir eine tödliche Krankheit diagnostiziert.

“ Weißt du was du da nächstes Mal machst?“, fragt einer.

Gespannt blicke ich ihne an: „Lass mich raten…einen Fluchtreflex vortäuschen? Den Köder schneller führen…?“

Antwort:“ Du bleibst einfach im Bett!“

Nö- denke ich. Jetzt erst recht nicht!

Freitag-Abends stehe ich wieder am Rhein. Kein Fehlbiss, kein Verfolger, kein Fisch der sich auch nur annähernd für meine Köder interessiert.

Als ich frustriert zum Parkplatz laufe macht ein Moped eine Vollbremsung.

“ Ey…du angelst?“

Ich: “ Nein- ich tue nur so als ob. Wie du siehst habe ich ja keinen Fisch!“

Er: “ Ey…ich hab grad n 80 cm-Rapfen gefangen. Der hat mich fast in den Rhein gezogen! Sooooo….. ein Fisch sag ich dir!  Der Drill meines Lebens!“

Noch bevor ich um 22 Uhr alle Sachen im Auto verstaut habe kommt der zweite Angler vorbei.

„Hey….letzte Woche….. sooo ein Zander! 1,14 Meter!“

Ich: “ Wo? In Norwegen oder am Ebro?“

Er: “ Ich zeig dir mal n Wels, 1,25 m…. beim Spinnfischen passiert! Was für ein Drill!“

Ok- das war genug. Genug Anreiz am Sonntag-und am Dienstagabend die Abendstunden am Rhein zu verbringen! Ergebnis: Schneider!

Abends bekomme ich das Foto eines Zanders in der Hand eines  Anglers den ich kenne.

“ 80 cm“ steht darunter.Der Zander liegt mit dem Kopf auf dem Daumen und mit dem Schwanz auf seinen Pulsadern. Skeptisch betrachte ich das Foto. Ist mir noch gar nicht aufgefallen dass er soooo große Hände hat.

Ich spiele ja leidenschaftlich gerne Skat. Ein „Schneider angesagt“ habe ich mir in 10 Jahren nur einmal getraut. Aber als ich Donnerstag 5 Uhr früh wieder am Rhein stehe ist es wieder soweit- auch wenn es sich nicht um Skat handelt und keine Extra-Punkte bringt.

7 Stunden spinnfischen….und kein einziger Biss. Kurz vor 12 Uhr zubbelt es plötzlich wider Erwarten an der Rute! Ein Zander! Nein: Mein erster Zander!

Ok- über die Größe reden wir jetzt nicht. Aber ich war gesetzlich dazu verpflichtet ihn wieder zurückzusetzen.

Und jetzt? Was sage ich wenn ich gleich wieder frustshoppen gehe im Angelladen wenn die Frage kommt was die Raubfische machen?

“ …heute mittag, am hellichten Tag, ein Zander! Auf n Stickbait im Rhein. War n´ schöner Fisch….(* gibt es auch unschöne?)  wie lange der Drill dauerte weiß ich nicht mehr… (* 1 Minute oder 2 ?), hab ihn wieder frei gelassen (* warum ist unwichtig), meine Kühltruhe ist  zu voll (* mit Eiscreme- aber nicht weitersagen!).“

Gelogen wäre es nicht.

Dummerweise hat mich heute keiner gefragt im Angelladen.

Und außerdem…morgen Abend beißen sie bestimmt. Seit eben habe ich nun so große Gummifische die nur noch Fische über 80 cm ins Maul bekommen!

Solche die dann grad so in meine Hand passen und mich beim Drill fast in den Rhein ziehen.

 

Was lernen wir aus diesem Mist?

Dass der Fang in Wirklichkeit kleiner ist.

 

 

 

 

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