Monthly Archives: März 2018

50 Forellen

 Vor einiger Zeit lief im Fernsehen der Film „Lachsfischen im Jemen“.

Zufälligerweise blieb ich an dem Film hängen, als ich abends Herrin der Fernbedienung war und das Fernsehprogramm aussuchen durfte:

Zapp…und Zapp….und Zapp….Moment….der hatte doch ne Angel in der Hand! Zurück und….das standen die zwei Hauptdarsteller mit Fliegenruten im Wasser, als der rechte ( ein Scheich) zum linken Angler (ein Fischereiexperte) sagte:

„Ich fische immer mit ihrer Fliege, mit der Alfred-Jones-Fliege!“

„Das ist jetzt nicht dein Ernst, Sandra!“ bruttelte es rechts von mir auf dem Sofa.

„…der gibt einem Köder seinen eigenen Namen?“

Also im Prinzip, fand ich die Idee gut!

Auf jeden Fall war ich am Wochenende zum angeln verabredet, und zwar mit ein paar Fliegenfischern am Forellensee im Schwarzwald.

In unterkühlter Erinnerung an unsere letzte Fliegenfischaktion in Frankreich als der See halb zugefroren war und wir 80 Euro für eine Forelle hinblätterten….überlegte ich tagelang ob ich die Aktion nicht abblasen sollte.

Tagelang schossen Bilder in meinen Kopf mit blauen Fingern, Schneebergen, leeren Eimern und versehentlich-verlorenen-mit-Liebe-gebundenen Fliegen!

Tagelang….ja tagelang, bis….ja, bis ich Mittwochs im Asialaden einkaufte und spontan einen Glückskeks entscheiden lies.

Wahrscheinlich steht jetzt wieder sowas drin wie „Der Tag ist zu Ende wenn es Nacht ist“

Doch der Keks offenbarte mir folgendes:

 

Ich entschied mich also für die Herausforderung!

Um 8 Uhr des Angeltages sprangen nochmal 2 Leute ab, die unbedingt mitwollten, denen aber 1 Grad Celcius Angeltemperatur morgens um 8 Uhr dann vermutlich doch etwas zu frostig war. Es blieb der harte Kern:

Tjaark, Peter und meine Wenigkeit.

Einsam standen wir am großen See, während noch vereinzelt die letzten Schneeberge auf der Wiese standen.

„Wir brauchen 42 Forellen!“ ,meinte Tjaark. Ich brauchte vier und Peter auch.

50 Forellen!

Zur Sicherheit hatte ich noch eine Ansitzangel und eine Spinnangel dabei, Schneider durfte ich heute auf keinen Fall nach Hause kommen!

Dann ging es los. Tjaark hatte bereits den Platz auf dem langen Holzsteg eingenommen und drillte bereits Forelle um Forelle.

Und ich….verlor meine ersten drei Fliegen zuerst mal hinter mir im Gras.

Während ich montierte, drillte Tjaark Forelle Nummer neun! Schön in Zwangs-Sichtweise- auf dem Holzsteg mitten des Sees.

Neiiiin- so etwas setzt eine Mittelklasse-Fliegenfischer wie mich gaaaaar nicht unter Druck!

Danach ging gar nichts mehr. Verknuddelte Schnüre, laut aufplatschende Fliegen vor denen die Forellen flüchteten…Und auf dem Holzsteg wurde Forelle um Forelle gefangen.

Frustriert blickte ich auf meinen leeren Eimer.

Ok, dachte ich!

Jetzt nimmst du deine Spinnrute und machst was du richtig gut kannst. Spinnfischen!

3 Einwürfe- 3 Bisse. Jetzt war ich beruhigt.

Peter tat dasselbe.

Von nun an konnte ich entspannt Fliegenfischen-ohne Fangzwang. Immerhin waren 3 Forellen sicher!

Ich beschloss an einen der kleineren Seen zu gehen. Doch die Forellen schwammen regelrecht um jede Trockenfliege und Nymphe herum, um sich 1 Meter nebendran auf die Bienenmaden zweier Männer zu stürzen. Eine Stunde lang donnerte ich erfolglos mein ganzes Repertoire an Fliegen ins Wasser. Erfolglos.

„Wooly Bugger schwarz mit sinkendem Vorfach!“, bekam ich schließlich den Tipp von Tjaark, nachdem ich schon wieder langsam mit der Spinnrute liebäugelte.

Selbstverständlich hatte ich ein schwimmendes Vorfach und keinen Streamer dabei!

„ Nimm von mir einen!“, bot mir Tjaark an.

Verdammt! Den letzten den mir Tjaark auslieh, hängte ich nach 2 Minuten in den Baum!

Ich zögerte. Dann griff ich doch in die Köderkiste von Tjaark.

Auswurf und….weg war Wooly Bugger!

Ein zweites Mal getraute ich mich nicht zu fragen, immerhin hatte Tjaark noch immer den ersten dran!

Wieder eierte ich an den Seen mit meiner Trockenfliege herum.

Zuletzt sogar mit Genehmigung vom Chef am oberen Aufzuchtbecken.

Doch die Forellen schwammen einfach um meine Fliegen drumherum!

Wütend schnappte ich meine Spinnrute und zog einmal den Spinner durch! Ich wollte wissen ob ich der Fiegenlooser war oder ob die Fische einfach keinen Hunger hatten!

Einwurf! Rums. Die Forelle hing!

Enttäuscht kehrte ich mit Forelle und Fliegenrute am großen See zurück.

Ein sichtlich strahlender Peter empfing mich am Wasser!

Er hatte soeben eine Forelle auf Fliege gefangen- und zwar auf die ziemlich hässlichste Fliege in schwarz-weiss. Dick und einfach und alles- aber nichts was ihr auch nur den Hauch einer Fängigkeit gegeben hätte.

Das einzig Beste war: Sie war selbstgebunden!

Peter entnahm nun Nummer zwei seiner selbstgebundenen Fliegen. Modell zwei stellte Modell eins gehörig in den Schatten! Eine lange, große Fliege in Streamer-Marnier, mit einem langen weißen Schweif, Glitzer und beschwerten Augen!

Das Ding bewegte sich im Wasser elegant wie ein lambada-tanzender Guppy.

Vor 1 Jahr hatte Peter das Ding beim gemeinsamen Fliegenbinder-Treff bei mir zu Hause gebunden. Jetzt war also Premiere!

Bämmm! Da hing sie. Fliegenforelle Nummer zwei!

Nächster Einwurf- Fliegenforelle drei!

Peter wurde mutig und holte einen grün-orangenen Streamer mit roten Augen aus der Box!

Ebenfalls selbstgebunden!

In Sichtweite ein Schwarm Forellen!

Einwurf Sandra – eine einzige Forelle schaut sich die Fliege an und wendet sich blitzartig zu Peters knallebunten do-it-yourself-Fliege.

Die restlichen Fische folgen ihr.

Peter kann sich quasi nicht mehr vor einem Anbiss schützen! Bämm! Die nächste hängt.

Dann kam Thomas noch dazu, ein weiterer Fliegenfischer.

Erster Auswurf und die Schnur landet gerade, perfekt und gute 20 Meter weit im Wasser!

Beeindruckt von der perfekten Wurftechnik blicken Peter und ich uns an.

„ Fassen wir also zusammen!“, meinte ich zu Peter, „ Tjaark ist der erfolgreichste Fänger, Thomas der erfolgreichste Werfer, du der erfolgreichste Fliegenbinder! Doch welche Rolle habe ich heute?“

Peter zögerte und lachte„ …wie wärs mit der der Kescher-Liesl ?“ Da biss auch schon wieder die nächste Forelle an bei ihm.

Irgendwie machte mir keschern tatsächlich sogar mehr Spaß als fliegenfischen mit der falschen Fliege!

„Komm, nimm mal meine Fliege!“, meinte Peter.

Ich überlegte…. immerhin hatte ich schon 6 Fliegen im Gras und an Ästen verloren. Tjaarks Streamer eingeschlossen. Eine selbstgebundene Super-Fliege anzufassen traute ich mich nicht (mehr). „ Ist nicht schlimm wenn sie weg ist, dann binden wir einfach ne Neue!“, beruhigte mich Peter und brachte seine Forelle vor zu Tjaarks Fischeimer.

„BESTE CHANCEN-NUTZEN SIE JEDE GELEGENHEIT!“ dachte ich so bei mir. Den Glückskeks stets vor Augen.

Nach etwas Zögern, ergriff ich die Chance.

Einwurf Peters Fliege und….4 Forellen verfolgen aufgeregt den Köder!!!! Das Adrenalin schießt mir wie ein Wasserfall ins Blut. Bämmm! Da hing sie! Meine Fliegenforelle!!!

„ Jaaaaa! Ich habe ne Fliegenforelle!!!!“, schrie ich vor Freude quer übern See!Mit Peters Fliege“

Gefühlt hat der ganze See geklatscht.Real kein Schwein. Aber gefreut hat es mich bis in die Abendstunden.

„Und wie heißt die Superfliege? Die Peter-Fliege“, meinte ich.

„Nee, eher brasilianische Sommerparty-Fliege“, meinter er, „die binden wir dann nochmal, bevor wir nächstes Mal wiederkommen!“

Und was lernen wir aus diesem Mist?

Dass Fliegenbinden doch sinnvoll ist![:]

Frauen und Angeln

„Frauen soll das angeln näher gebracht werden!“ So oder so ähnlich lautet die Zielsetzung der diesjährigen Messe Aquafisch am Bodensee. Eigens dafür engagiert man Claudia Darga, die als Botschafterin fungieren soll.

Es wäre gelogen, wenn es ich nicht zugeben würde, dass es mich in den Fingern kribbelte, als ich die Strategie durch mein Großhirn filterte.

Wenn die männlichen Funktionäre von Verbänden sich Gedanken machen darüber, „was Frauen wollen“, kann nicht wirklich viel Gutes dabei rauskommen.

Vor 3 Jahren hatte ich mich schon einmal zu einem Angelkurs für „Ladies“ angemeldet. Die Organisatoren und Instruktoren: Alle männlich! Am Ende hielt ich einen Prosecco in der Hand, eine pinkfarbene Rute, eine knallpinke Tasche mit der Aufschrift „ I love fish“ und mein Ohr blutete schon leicht, von den „Guides“ die mir erzählten welche Riesenfische sie schon gefangen haben in ihrem Leben. Einen Fisch fing keine der Frauen- und das in einem besetzten Forellensee!

Und jetzt? Jetzt wollen die männlichen Chefs und Geschäftsführer der Angelszene also „Frauen an die Angel bringen“. Oder besser gesagt Caudia Darga soll das nun erledigen.

Nur mal so als Überlegung liebe Männer:

Glaubt ihr wirklich wir Frauen kommen wegen einer attraktiven Anglerin auf die Aquafish oder identifizieren uns mit ihr, wenn wir sie in der Zeitung sehen?

Angeln ist nun einmal männerdominiert! In einer ähnlichen Quote wie Ballett frauendoimiert ist.

Mein Sohn entschloss sich im Alter von vier Jahren, dass er gerne Ballett machen möchte. Ich erinnerte mich daran, wie ich als 4jährige in den Fussballverein wollte und mir meine Mutter es ausgeredet hatte „weil das nur was für Jungs sei!“. Selbstverständlich stimmte ich zu.

Die Ballettlehrerinnen breiteten den roten Teppich aus. Jede Umdrehung – egal wie schief- wurde mit Beifall honoriert. Die Mädchen knuddelten ihn und überhäuften ihn mit Süßigkeiten.

Als er fünf Jahre alt war, hörte er schlagartig auf beim Ballett.

Sein Kumpel hatte ihn gefragt, ob er „auch ein Tütü tragen würde beim Ballett“!

Als ich meinen Freundinnen damals erzählte, dass ich den Angelschein gemacht habe, kam fast immer dieselbe Reaktion: Zuerst ein 2-Sekundenlanger Gesichtsabsturz, gefolgt von den Satz „Tötest du auch die Fische?“.

Was ich damit sagen möchte ist ganz einfach: Auch wenn fast jede Telenova im Fernsehen mittlerweile ein homosexuelles Päärchen hat, sind wir noch lange nicht von Klischees befreit was in der heutigen Welt normal ist.

Doch wie ändert man ein Klischee?

Indem man Bruce Willis bei den Internationalen Ballettmeisterschaften ins Foyer stellt um Männer an die Ballettstange zu bringen? Mal im Ernst- würde euch das überzeugen?

Meiner Meinung so wenig, als dass eine Teamanglerin die überwiegend männliche Kundschaft davon überzeugen wird, ihr Frauen die während sie auf der Messe sind, Wellness im betreiben, an die Angel zu bringen!

Und liebe Männer!! Kommt bloß nicht auf die Idee eure Frauen im Anschluss mit der Aussage überreden zu wollen „Schau mal ich habe ein Foto gemacht mit dieser bildhübschen Claudia Darga im Arm! Die ist der Meinung dass auch du angeln kannst!“.

Sowas kommt überhaupt nicht gut an!

Was ich damit sagen möchte: Und….. wenn wir die Welt von Klischees befreien wollen, müssen wir bei uns selbst anfangen. Wenn wir Klischees ändern wollen, müssen wir zuerst ihren Ursprung verstehen.

Und der Ursprung sind Fakten die Klischees gegründet haben. Frauen haben schon allein wegen ihrer körperlichen Statur eher ein Affinität zum sammeln, als zum jagen (oder fischen).

Wir sind dafür gemacht Dinge zu suchen, zu finden und zu horten. Genau das ist der Grund, warum wir uns über jedes Paar Schuhe freuen- obwohl wir schon 20 Paar im Schrank stehen haben! Der Grund warum wir shoppen gehen. Wir gehen unserem Urtrieb nach- wir sammeln!

Und wir sehen auch (fast) alles. Die Butter im vollen Kühlschrank, das Lieblingsschampoo in einem Regal mit 95 verschiedenen Flaschen und die richtigen Spaghetti in einem fünf Meter-langen Nudelregal im Supermarkt! Und wir sehen auch die attraktive Frau auf der Aqua-Fisch, die angelt und die uns unter Druck setzt zu angeln, weil unser Liebster sie genau deswegen anschwärmt.

Die Aqua-Fisch ist vielleicht ein Ort der diese Sehnsucht der Frauen zu angeln wecken kann. Doch dafür muss ich die Frauen erst einmal dazu bewegen auf die Messe (mit) zu gehen. Und solange ich 11 Euro Eintritt bezahlen muss als Nichtanglerin – bleibe ich da lieber im Hotel und gönne mir einen oder zwei Detox-Smoothies. Auch wenn das Zeug widerlich schmeckt. In dem Magazin stand nämlich es soll gesund sein.

Angeln – das heißt für Frauen genau sechs Dinge:

1.) Ruhig sein. Und das wo wir doch das kommunikationsfreudigste Geschöpf dieser Welt sind.

2.) Draußen zu Frieren. Und das wo wir ohnehin immer kalte Hände und Füße haben.

3.) Eventuell ein Tier töten zu müssen. Und das wo die Hälfte unserer Freundinnen Vegetarier sind.

4.) Sich optisch zu entstellen. Oder genauer: Sich in tarnfarbener, wasser- und winddichter Angelkleidung und potthässlichen Gummistiefeln optisch völlig zu entstellen und am Ende vielleicht sogar nach Fisch zu riechen.

5.) Hinter einen Busch zu pinkeln und dabei hoffen, dass einem keine Zecke den Hintern hochkrabbelt. Im Stehen, am Baum klappt das leider nicht so gut bei uns.

6.) Nicht ausschlafen zu können, wo man bis nachts um 2 Uhr einen Liebes-Roman gelesen hat, weil man noch unbedingt wissen wollte ob sich der untreue, böse, wunderhübsche Millionär im Buch nun tatsächlich in die durchschnittliche Protagonistin verliebt und plötzlich ein guter Mensch wird.

Wer Frauen zum angeln bringen will, muss genau diese Probleme lösen. Bringen wir die Sache auf den Punkt:

Frauen die gerne reden, sollen auch am Wasser reden dürfen! Und wer glaubt, deswegen beißen die Fische nicht, der soll mit seiner Liebsten spinnfischen gehen. Spätestens nach 3 Kilometer Laufstrecke am Rhein, reden auch wir Frauen weniger.

Wir Frauen fühlen uns, wenn es uns kalt ist, mindestens so schlecht wie ihr Männer wenn ihr mit einem grippalen Infekt im Bett liegt!

Stattet uns aus! Mit Tee, warmen Decken, elektrischen Taschenwärmern, gefütterten Gummistiefeln und viel Liebe.

Lasst uns nicht mehr als mit einem Haken angeln, damit die Wahrscheinlichkeit, dass wir einen Fisch versehentlich noch woanders haken als am Maul, deutlich sinkt.

Wenn man einen Fisch mit einem Tuch festhält, kann man ihn schneller betäuben und töten. Und das ist uns Frauen vielleicht wichtiger als den Männern. Warum wohl gibt es so wenige Metzgerinnen auf der Welt?

Ansonsten hilft uns bei Abhaken des Fisches im Wasser.

Lasst uns nach dem Angeln ein Bad ein, damit wir uns wieder gesellschaftsfähig fühlen.

Geht mit uns Frauen, erst einmal an einen gut besetzten Forellensee! Und bitte: Freut euch wenn wir den größeren Fisch fangen! Seid für uns der Angelfreund den ich euch selbst wünscht! Auch wenn euer männliches Ego etwas anderes möchte.

Ihr Männer seid für uns Frauen die Helden am Wasser! Weil ihr da draußen stärker seid, nicht so schnell friert und weil ihr euch nachts allein am Wasser aufhalten könnt, ohne dass ihr Angst haben müsst, dass ein Triebtäter kommt, euch zu Boden reißt und vergewaltigt. Weil ihr in der Lage seid uns mit Essen zu versorgen. Genau um diesen Urtrieb geht es beim angeln. Wir wissen das. Ihr müsst es uns Frauen nicht durch eure Fanggalerie beweisen. Wir brauchen das so wenig als wie ihr entscheiden möchtet ob die zinoberroten, kirschroten, dunkelroten oder orangeroten Schuhe besser zu unserem Kleid passen.

Zeigt uns was ihr könnt. Nehmt Rücksicht auf unsere naturgegebenen Nachteile. Macht keinen Wettkampf daraus. Überredet uns nicht zum angeln. Weckt die Sehnsucht nach dem Wasser und der Natur in uns! Dann werden auch wir mit angeln gehen.[:]

Angeln vorm Kamin

Nein! Minus 14 Grad Celcius waren nicht wirklich Temperaturen bei denen man die Tage hätte angeln wollen!

 

Stattdessen feuerte ich zu Hause den Holzofen an. Sehnsüchtig schaute ich aus dem Fenster. Immerhin waren jetzt die Forellen offen!

 

Mein Sohn schaute mich mitleidig an: „ Aber Mama! Du kannst doch auch in Minecraft angeln!“

Zur Info: „Minecraft“ ist irgendein Computerspiel, dass momentan jedes zweite Kind zwischen 7 und 15 Jahren spielt und dass ich auf 30 min. täglich begrenzt habe ohne zu wissen warum es da genau geht.

 

Ich : „ Angeln? Ich dachte das ist ein Spiel wo man mit virtuellen Steinen Häuschen baut?!“

Plötzlich widerfährt mir ein Tsunami an Infos:

 

Meine Tochter: „ Da kann man bauen und Tiere züchten und „spawnen“ ….und angeln….und….“

 

Mein Sohn: „ Und der Lukas hat schon nen Kugelfisch gefangen! Und außerdem……und sowieso….“

 

Irgendwann komme ich nicht mehr mit. Irgendetwas wird „gespawnt“ und dann sucht man ein „Enderauge“ und einen „Enderdrache“ und sperrt Dorfbewohner ein, weil sonst „Endermen“ kommen und ….Langsam wird mir alles zuviel!!

 

Innerhalb von wenigen Minuten sitzen die Kinder mit dem Tablet auf dem Sofa und rufen mich zu sich her. Mama kriegt das Tablet in die Hand gedrückt und darf sich in einer virtuellen „Minecraft-Welt“ fortbewegen.

Bereits nach wenigen Sekunden entdecke ich einen See.

 

Meine Tochter: „ Jetzt musst du >Angel auswerfen< klicken….und wenn es blubbert und an der Schnur zieht drückst du „angeln“…..und wenn…“

 

Weiter kommt sie nicht. Ich habe bereits den Anhieb gesetzt und meinen ersten virtuellen Fisch geangelt. Die Kinder jubeln.

Nächster Auswurf. Es blubbert. Anhieb! Diesmal habe ich einen Kugelfisch gefangen! Alles gröhlt und freut sich wie ein Schneekönig.

Mein Sohn läuft schreiend durch die Wohnung: „Papaaaaa, Mama hat in Minecraft nen Kugelfisch geangelt!“

Mein Mann schüttelt den Kopf.

Nie hätte ich gedacht dass ich einmal bei Minusgraden auf dem Sofa mit meiner Tochter, (die keinen toten Fisch sehen kann), einmal angeln werde.

 

Meine Tochter ist begeistert: „ Weisst du Mama, wir könnten dir ein riesiges Angelhaus bauen und dir verzauberte Angeln reinstellen!“

 

Mein Sohn: „Und dann….dann bauen wir dir eine Insel und einen Steg aus Glas!“

 

Die virtuelle Welt gefällt mir!

 

Plötzlich springt ein virtueller Hund ins Wasser!

 

„Der will einen Fisch!“, meint meine Tochter,“ wenn du ihm keinen Fisch gibst, verscheucht er dir die Fische!“

 

Auf einmal wird es Nacht auf der virtuellen Mecklenburger Seenplatte!

 

Meine Tochter reist mir das Tablet aus der Hand! Schnell- du musst schlafen. Sofort!!!

 

Während meine Tochter irgendetwas herumtippt, hole ich mir einen Kaffee.

 

Aufgeregt diskutieren meine zwei Kinder über mein geplantes virtuelles Angelhaus:

 

„Wir werden dir einen Graben aus Lava um dein Angelhaus errichten! Dann kommen die „Creeper“ (Zombis) nicht rein. Und bewirf auf keinen Fall einen Endermen (irgend ein anderes Männchen) mit deiner Angel! Sonst telepathiert er sich hinter dich und tötet dich!“

 

Irgendwie gefällt mir die virtuelle Welt jetzt doch nicht mehr so sehr.

 

„Du könntest dich mit dem Internet verbinden, Mama! Dann könnte der Papa von Johanna dich im Angelhaus besuchen, der angelt doch auch! Und wenn ein Creeper kommt und euch töten will, dann könnt ihr den zusammen mit der Angel bewerfen…Johanna hat das auch schon gemacht. Damit kann man die töten. Nur in die Lava dürft ihr dann nicht reintreten, sonst seid ihr beide tot. Aber wenn der Enderdrache kommt dann macht er das Angelhaus kaputt!“

Draußen hat es mittlerweile 14,5 ° C!

Auch wenn nicht alle 2 Minuten das Wasser blubbert und ein Fisch beißt. Auch wenn sich keiner mit mir freut am Wasser. Und auch wenn ich keine eigene Insel mit Glassteg und Angelhaus habe….als ich die Vögeln zwitschern höre und spüre wie der Frühling kommt, weiß ich dass die reale Welt vielleicht nicht besser ist, aber ehrlicher und schöner.

 

Was lernen wir aus diesem Mist?

Dass reales Angeln schöner ist.

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